19. November 2013 – Dienstag

Bingo. Schon wieder übernachten in richtigen Betten. Leider erkauft mit der Inkontinenz der Wasserpumpe von Rainers Dakar. Beim zweiten Stopp auf der Ruta 5 findet Rainer einen Wasserfleck auf dem Motorschutz. Rainer entscheidet den BMW Händler in Osorno aufzusuchen. Die richtige Entscheidung. In die Abgeschiedenheit Chiles, der Carretera Austral, hineinzufahren mit einem offensichtlich defekten Motorrad wäre nicht ratsam. So haben wir in wiederum sonnigen, vielleicht zwanziggrad warmen Wetter einen ungewünschten frühen Feierabend.
Dafür habe ich euch gestern noch einiges verschwiegen. Rainer brauchte Suchtstoff. Die erste tienda hatte keine Zigaretten. Also aufsitzen und weiter geht’s. Ich sehe noch Theo als zweites losfahren während ich mir noch einen Kaugummi ins Mundwerk stecke. Ich fahre los ohne noch einen Schatten meiner Kollegen zu erkennen. Der sucht bestimmt in nächsten Ort nach Zigaretten denke ich mir und fahr hinterher. Nach einigen Minuten habe ich weder Theo noch Rainer eingeholt.
Wir alle haben das gleiche Navigationsgerät mit den gleichen Kartendaten am Motorrad verbaut. Die nächste Stadt, die wir anfahren wollten, war zu mindestens bei Theo und mir identisch. Also entschied ich für mich diese Stadt anzusteuern. Ungefähr 60 Kilometer prophezeite mir Garmina. Schon etwas mulmig führte ich meine Reise alleine fort. Es mögen 30 Kilometer, also ungefähr eine halbe Stunde vergangen sein als ich eine Straßenbaustelle erreiche. Ich halte bei zwei Arbeitern und informiere mich, ob sie zwei Motorradfahrer haben vorbeifahren sehen. Die eindeutige Antwort war nein. Ich beschließe für mich bis zum nächsten Waypoint zu fahren. Ich komme an der Pazifikküste an und schicke Theo eine SMS meines Standortes und teile ihm mit hier zu warten.
Ich schaue mir die Brandung am vielleicht 300 Meter entfernten Strand von einem windgeschützten Platz einer Böschung an, von dem ich auch das am Straßenrand geparkte Motorrad sehen kann. Bald schon steht ein junger Mann nahe meiner AT. Wir beide haben Blickkontakt. Mein grüßendes Handheben wird von ihm erwidert. Er verweilt am Motorrad und sucht offensichtlich den Kontakt zu mir. Mit meinem immer noch primitiven spanisch erkläre ich ihm, dass ich auf dos amigos auf motociclettas warte. Auf meine Frage nach der Entfernung zur nächsten Stadt, die ich ihm auf dem Navi zeige, bemerke ich, dass er mit den Schriftzeichen nichts anfangen kann. Erst als ein ungefähr zehnjähriger chico, der neugierig das Motorrad mustert, vom Garmin den Stadtnamen abliest, beginnt die Redeflut meines Gesprächspartners. Ich versteh nur Bahnhof. Gerettet wird die Situation von den Motorengeräuschen zweier herannahender Motorräder. Theo und Rainer.

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