30. November 2013 – Samstag

Bis zur Stelle, an der der Paso Rodolfo Roballos von der Carretera Austral abzweigt, fahre ich zurück. Die Piste schlängelt sich durch eine hügelige, mit Sträuchern und Gräsern bewachsene Landschaft. Es dauert nicht lange, bis ich ein erstes, wildes Guanako sehe. Schnell anhalten, Handschuhe ausziehen, Fotoapparat aus dem Tankrucksack zerren, Linse ausfahren, Belichtung verringern. Normalerweise ist das Viehzeug schon wieder weg. Doch die Guanakos sind geruhsam. Es grast weiter, schaut ab und an zu mir rüber. Ein paar Kurven und Hügel weiter sehe ich eine weitere kleine Herde von der mit Lamas verwandten Spezie.  An der Laguna Cisnes lerne ich Silvia und Rene aus der Schweiz kennen. Sie nehmen sich für ihren Patagonien Reiseteil drei Wochen Zeit. Den Leihwagen haben sie in Puerto Montt übernommen und planen auch bis Ushuaia zu fahren.

Die weißen Wolken am Himmel lösen sich mehr und mehr auf je näher wir an die chilenisch argentinische Grenze kommen. Die Temperatur mag bei gut zwanzig Grad liegen. Die Piste wird unangenehmer. Bereiche mit losen Steinen und immer wieder diese Wellblechstücke, die das Fahrzeug so sehr durchschütteln, dass ich Glaube alles müsse auseinanderbrechen. Noch eine Fotopause am Rio Chacabuco und durchfahren bis zur chilenischen Zollstation. Rainer und Theo werden bereits in dem soliden, sehr gepflegten Schalterbüro abgefertigt. Meine Einfuhrpapiere vom Motorrad und von mir selbst werden eingezogen. Meine Ausreise wird im Reisepass dokumentiert. Das abgeschlossene Schwenktor wird für uns entriegelt. Wir befahren den Grenzstreifen zwischen den beiden Ländern. Der Wind hat deutlich an Stärke zugelegt. An einer Lagune erkenne ich entfernt mehrere pinkfarbene Gebilde. Flamingos?

Im argentinischen Zollbüro empfangen uns zwei junge Beamte. Hauptarbeit ist die Einfuhr des Motorrades. Ein neues Einfuhrdokument muss ausgefüllt werden. Die Daten werden aus dem Internationalen Fahrzeugschein herausgelesen. Den Wert des Fahrzeuges geben wir den Zöllner an. Die Einfuhr von Netbooks und Fotoapparate wird ebenfalls dokumentiert. Die jungen Zöllner honorieren meine Versuche mit Ihnen Spanisch zu reden. Sie erklären mir ihre Ausbildung an der Grenze Argentinien Bolivien beziehungsweise Argentinien Brasilien gemacht zu haben. Sie Fragen nach meinen Spritvorrat, da es offensichtlich auf den nächsten 200 Kilometer keinen Treibstoff gibt. Sie lassen sich mit mir fotografieren, öffnen uns das auch hier verschlossene Schwenktor. Ich bin imit meiner Twin in Argentinien. Die Passhöhe stellt sich als breites Hochtal dar. Unzählige Schafe halten die Grasnabe kurz. Rechts und links der Breiten Piste stehen die Weiden unter Wasser. Es folgen einige Kilometer kurvenreicher mit Vorsicht zu befahre Kilometer bis eine mir schier endlos vorkommende Gerade folgt. Die Temperatur mag bei 30 Grad liegen. Von hinten bläst der Wind mit ungefähr 60 Stundenkilometer. Die Staubwolke die mein Motorrad erzeugt bewegt sich mit mir anährend synchron. Die Temperaturanzeige meiner Africa Twin pendelt sich nahe des roten Bereiches ein. Der Lüfter heißt meinen ohnehin überhitzten Körper zusätzlich auf. Alles hat ein Ende, auch diese Tortur.

In Bajo Caracoles suchen wir eine Übernachtungsmöglichkeit. Es ist ein Nest, das in den Wester, Spiel mir das Lied vom Tod, reinpassen würde. Eigentlich erkenne ich Nichts was es Wert wäre zu beschreiben. Mein Bauchgefühl sagt weiterfahren. Da Motel will 75 US Dollar. Hinzu käme noch das Abendessen. Es sind nach fünf. Nach halbstündiger Diskussion nehmen wir noch eine über 200 Kilometer lange Etappe in Angriff. Ein hilfsbereiter ansässiger Motorradfahrer beschrieb uns die Etappe als, bis auf zwanzig Kilometer, komplett asphaltiert.

Ich fahre durch die Pampa. Der Wind peitscht von der Seite. Ich verstecke mich hinter der hohen Scheibe meines Motorrades. Immer wieder drücken mich Boen quer über die Fahrbahn. Auf den 180 Kilometer kommen mir vielleicht fünf Fahrzeuge entgegen. Zwei Pickups überholen mich, drücken grüßend auf die Hupe, was die wohl denken. Noch steht die Sonne knapp über dem Horizont. Ein Schild warnt vor dem Ausbauende. Es geht auf einer, Gott sei Dank, gut befahrbaren Piste weiter. Wie unser Amigo beschrieben hatte zwanzig Kilometer. Bevor wir nach Gobernador Gregores hineinfahren muss Theo aus einem Reservekanister Nachtanken. Ich mache die stimmungsvollsten Bilder dieser Reise.

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