Die Schotterstrecke lässt sich gut fahren. Der Lago General Carrera liegt links unserer Piste. Wenn mir Fahrzeuge entgegenkommen halte ich rechts an, schalte den Motor ab und warte bis die Staubfahne sich verflüchtigt hat. Mir kommen zwei Fahrräder entgegen. Es ist ein französisches Paar. Die beiden sind 26 Jahre alt, sind in Calafate gestartet. Sie wollen bis zum Lago Titicaca. Fünfzig Kilometer wollen sie täglich schaffen. Sechs Monate stehen ihnen zur Verfügung. Respekt.
Rechts zweigt eine befestigte Straße ab. Puerto Bertrand ist ein malerischer Hafen mit einem Holzsteg. Einige Fischerboote liegen an Land, andere Boote wogen im Wasser. In einem Minimercado kaufe ich zwei Äpfel und eine Tafel Schokolade. Ich bitte eine der beiden Frauen, die an einer Bank am Seeufer eine Pause machen, mich auf dem Steg zu fotografieren. Vivian und Margarita feiern fünfzig Jahre Abitur. Margarita ist dazu aus der Schweiz angereist. Sie wollen den Lago General Carerra umfahren. 1938 sind Margaritas Eltern wegen Arbeitsmangel aus der Schweiz nach Chile ausgewandert. Als politischen Unruhen in Chile auftraten, kehrten sie zurück in die Schweiz. Beide Frauen hatten die einzige schweizer Schule Chiles in Santiago besucht. Vivian hat Chile nicht verlassen. Sie empfiehlt mir den Mahuil-Malal Pass und denLonguimay-Corralco Pass zu besuchen, außerdem sei Tortel ein Muss für jeden Tourist.
Die Piste ist für eine Stunde gesperrt. Meine Reisebegleiter unterhalten sich schon mit Kunibert aus Australien, der im August letzen Jahres in Alaska mit einer Suzuki DR650 gestartet war und seiner Sozia Victoria. Beide hatten sich in Zentralamerika kennengelernt. Sie war als Rucksacktouristin unterwegs. Auf sein Angebot hin ihn auf dem restlichen Weg hin nach Ushuaia zu begleiten, stattete sich die taffe junge Dame mit einer Motorradausrüstung aus und sitzt auf dem Sozius der DR. Ich will von Kunibert wissen ob er brenzlige Situationen erlebt habe. Bis auf einen Überfall in Nicaragua, bei dem er sein Geld und seine Wertgegenstände abgeben musste, habe er niemals eine Bedrohung verspürt. Jetzt nach der langen Reise fühle er sich Müde und freut sich auf seine Heimat. Beide wollen Weihnachten in Ushuaia feiern.
Unsere Strecke führt entlang des Rios Baker. Die Berge um uns herum sind karg. Nur vereinzelt sehe ich Baumbewuchs, meist sind die Hänge steinig mit niedrigem Grasbewuchs. Vivian erzählte, das die Siedler hier in Jahrzehnten riesige Waldflächen abgeholzt hatten. Ich fahre hoch über Flussniveau und beobachte den Rio Baker, der türkisgrün erscheint. In Cochrane Tanken wir schon für den nächsten Tag, der uns nach Argentinien führen soll.