Klappt heute nicht mit Calafate. Gestern wollten wir die Motorräder schon betanken. Doch das moderne Tankzentrum vor El Chaten war ausgetrocknet. Die zweihundertfünfzig Kilometer bis zum nächsten Zwischenziel schafft keines unserer Motorräder mehr.
Ich schlage vor bis elf Uhr zu warten in der Hoffnung noch vor der Siesta, die bis fünfzehn Uhr dauert, Sprit zu ergattern, um die Etappe noch stressfrei fahren zu können. Rainer schlägt eine weitere Übernachtung in unserer liebgewonnenen Cabana vor. Wenn ich mich schnell umziehe könnte ich dann nochmals die Wanderung bis zum Gletscher wagen.
Das Wetter ist optimal. Nur vereinzelte Schleierwolken, so eine tolle Sicht auf den Fitz Roy hatten wir noch nicht erlebt. Gegen vierzehn Uhr erreiche ich zum zweiten Mal in meinem Leben den Zeltplatz am Fuße des Berges. Dann führt der Weg erst sachte ansteigend weiter. Wie beim ersten Anlauf kommen mir viel Wanderer entgegen, sind bereits auf dem Heimweg. Der steil ansteigende, sehr schlecht präparierte, mit viel losem Geröll gespickte Camino fordert mich. Wieder froh über die Wanderstöcke meiner Vermieterin erklimme ich Meter für Meter. Schon vor dem Einstieg in den Wanderweg war mir bewusst, dass ich Rainers modische Schutzmütze vergessen hatte. Auf dem ersten Teil, der viel durch Wald führt hatte ich sie nicht vermisst, doch jetzt scheint die Sonne erbarmungslos auf meinen nur durchs kurze Haar geschützte Kopf. Der frische Wind kühlt meine Haut ab, so dass ich einen Sonnenbrand nicht bemerken kann. Einige Absteiger nennen mir Zeiten, wie lange ich denn noch klettern müsse. Das lose Geröll nimmt immer mehr zu. Die letzten geschätzten hundert Höhenmeter muss ich ein Geröllfeld durchsteigen, in dem kein direkter Weg ersichtlich ist. Schließlich erreiche ich einen Bergrücken der mir die Sicht auf zwei Bergseen freigibt. Der mir nähere Bergsee leuchtet in einem tiefen blau, es schwimmen große, vom hinter dem See liegenden Gletscher abgebrochene Eisrocken darin. Um den tiefer liegenden See und den größeren, auch von Tal aus sichtbaren Gletscher, vollends zu erblicken, muss ich einen weiteren Bergkamm erklimmen. Hier oben bläst der Wind so stürmisch, dass ich mich kaum frei hinzustellen wage, um einige Fotos zu machen. Ich finde einen windgeschützten Platz. Ich genieße das Gletschereis, das perlenförmig die steile Gebirgswand verziert. Tief darunter der türkiesgrüne zweite Bergsee, der das ausgeschwitzte Wasser des Gletschers zunächst staut bevor es den langen Weg in tiefere Gefilde antritt. Ich raste noch eine viertel Stunde und mache mich mit dem hart erkämpften Ausblick auf die imposante Kulisse auf den Abstieg.