16. Dezember 2013 – Montag

Ich hänge mein Netbook an die Multisteckdose, die auch meinen europäischen Zweipinstecker aufnehmen kann. Fernando hatte beobachtet, wie ich dafür ein über Nacht geladenes Tablett auszog. Er kommt mit einer Steckleiste, um beide Geräte ans Stromnetz anzuschließen. Die dickeren Pinne meines Steckers drückt er mit hohem Kraftaufwand in die Steckleiste. Ihm kam der Kraftaufwand wohl auch untypisch hoch vor, prüfend zieht er den Stecker wieder heraus. Oh Schreck, am Stecker ist nur noch ein Pin.

Nach dem Frühstück fange ich mit dem Abbau der Campingausrüstung an. Das wird niemals eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Es ist trocken und annähernd windstill. Das Chaos an Gepäck, das ich im Zelt lagere, versuche ich auf die kleinen Sitzbänke und den Tisch direkt in meiner Nähe geordnet unterzubringen. Schlafsack zum Lüften auf das Motorrad legen, Thermarest Unterlage zusammenrollen, Schlafsack komprimieren, Zeltheringe herausziehen und, und, und. Gegen viertel nach zwölf verabschiede ich mich von Vito und Michael, die meine Packkünste beobachtet haben. Ich fahre rein in die City von Ushuaia, um mein Steckerproblem zu lösen. Parkplatzsuche in Geschäftsnähe. Helm abziehen, absteigen, defektes Kabel aus dem Tankrucksack nehmen, nachfragen. Beim vierten Stopp nimmt die hübsche Seniora das passende Kabel aus einer Schublade, testet die Passgenauigkeit am Adapterteil des Netbooks.

Froh darüber weiter mein Netbook verwenden zu können, starte ich exakt um dreizehn Uhr die geplante Etappe nach San Sabastian. Bei meinen Aktivitäten In Ushuaia habe ich noch geschwitzt, jetzt nach mehr als fünfzig Kilometer kriescht die Kälte mir wieder unter die Motorradsachen. Ich krame meine Dreifingerhandschuhe aus dem Topcase, drehe den Regler der Griffheizung höher. Wolkenreise könnte man den heutigen Streckenabschnitt taufen. In der weit einsichtigen Landschaft beobachte ich tiefgraue, fast die Erde berührende, schwere Wolken, die sich in der Ferne entleeren. Der Mond hat den Atlantik zu sich gezogen. Weite Wattflächen haben sich gebildet. Die wärmenden Sonnenstrahlen bilden Nebelschwaden. Doch ein bisschen mystisch hier auf Feuerland.. Eine der dunklen Wolken hat die Straße vor mir getroffen. Auch hier erzeugt die Wärme der Sonne Dampfschwaden.

Im einzigen Motel von San Sebastian genieße ich die reinlichen Verhältnisse, dusche ausgedehnt heiß. Beim Abendessen gesellen sich Rosi und Alfred zu uns. Die beiden Deutschen kommen aus dem Norden Argentiniens und wollen Morgen Ushuaia erreichen. Sie haben auch die Verschiffung über die Villa Kunterbunt abgewickelt, sie haben ein Zeitfenster von sechs Monaten. Wir tausche Erfahrungen aus, kriegen Ratschläge für unsere weitere Reiserute, geben Empfehlungen für deren Weiterreise.

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