Der Motor ist noch nicht warmgelaufen, da schalte ich mein Motorrad an der heutigen ersten Grenzstation wieder ab. Die Ausreise aus Argentinien ist schnell abgehandelt. Einige Kilometer weiter muss die Twin wieder in Chile deklariert werden. Dann stehen endlose, üble Pistenkilometer mit kräftezehrendem Wind auf dem Programm. Wenigstens regnet es nicht. Die Kälte kriecht durch die Winddichte Regenkombi an meinen Körper. Ich kann nur schwerlich das Motorrad sicher in der Spur halten. Das Umfahren von groben Bodenunebenheiten fällt mir schwer. Ein Lastwagen kommt mir entgegen. Die Staubfahne zieht zu meiner Fahrbahnseite rüber. Wir kommen uns näher. Ich wechsle die Spur, fahre soweit wie möglich nach rechts, noch weiter rechts führt eine kleine Böschung direkt ins Weideland. Mit dem aneinander Vorbeifahren bringt mich zunächst seine Druckwelle ins Straucheln. Fast zeitgleich spüre ich, wie eine Ladung Staub gespickt mit feinen Steinchen, an der Motorradbrille vorbei mein Gesicht peelt. Für einen Augenblick ist die Sichtweite kleiner einem Meter. Geschafft. Weiter geht der läppische Kampf mit dem Wind.
Wir machen eine Pause. Theo entdeckt sofort das Schutzhäuschen, indem er seine Zigarette entzünden kann. Beim Versuch eine Panoramaaufnahme zu machen, bricht der Fotoapparat mehrmals ab, weil mir eine harmonische Schwenkbewegung nicht gelingt. Vielleicht Zwei Kilometer nach der Pause weicht der Schotterpiste einer Betonstraße. Mit einer Störgröße weniger lässt es sich gleich flotter vorankommen. Doch bevor die Fähre uns von Feuerland aufs Festland bringt wechselt die Betonstraße nochmals in Schotterpiste.
Fähre fahren. Das hatten wir zuletzt schon. Heute geht es nur darum eine kurze Meerenge zu überwinden. Doch die See ist rau. Der Kapitän muss mit seinen Motoren die Auffahrrampe in Position halten, damit die Motorräder, die Personenwagen, die Lastwagen und die Omnibusse in den Fährenrumpf einfahren können. Die Fähre schwankt ordentlich. Ich verlasse nur kurz mein Motorrad, um ein Foto vom Passagierdeck aus zu machen. Unruhe, dass die ungesicherte Twin durch den Seegang umfallen könnte, lässt mich für den Rest der Überfahrt auf ihr sitzend verbringen. Häufig schwappt die vom Schiff erzeugte Gicht über die Bordwände. Zunächst bleiben wir von dem Salzwasser verschont. Doch beinahe das andere Ufer schon erreicht bläst der Wind viel fein zerstäubtes Salzwasser auf uns und unsere Motorräder.
An der heutigen zweiten Grenzstation in Monte Aymond tut sich der Zöllner schwer mit dem Einreisedokument für das Motorrad. Rainer hat schon längere Zeit eine der vier Schalter besetzt. Theo und ich versuchen es an einem anderen Schalter. Unser Zöllner scheint mit unserem Anliegen überfordert. Die Dienststellenleiterin erfragt nochmals unsere Nationalität und unser Zielland. Anschließend vermittelt uns, unser Zöllner zu seiner Kollegin, die mittlerweile Rainers Auftrag erledigt hat. Wir werden der langen Warteschlange vor dem Schalter der Zöllnerin vorgezogen. Unser Zöllner arbeitet die Standardkundschaft ab. Unsere Abfertigung dauert noch zehn Minuten.
In Rio Gallegos finden wir rasch eine akzeptable Cabana. Geschlaucht von den Anstrengungen des Tages freue ich mich auf eine geruhsame Nacht.