Direkt hinter dem Ortsausgang von Huasco biegen wir links in eine unscheinbare Straße ab. Die C470 ist eine neue Erfahrung für mich. Ich hatte bereits von mehreren Leuten gehört, wie diese Art von Straßen gebaut werden. Also es ist keine Asphaltdecke. Die Fahrbahnoberfläche erscheint anthrazit schwarz und glänzt als sei sie nass. Mein Auge rät mir langsam zu fahren, um nicht wegzurutschen. Ich drehe vorsichtig das Gas auf. Die Twin beschleunigt wie gewohnt. Ich bremse etwas fester, zuerst hinten. Kein wegrutschen oder ausbrechen, alles wie gewohnt. Nach fünf Kilometer Eingewöhnung hält Rainer, der diese Strecke bereits im Oktober gefahren war, an, beobachtet unsere Mienen. Es ist ungewohnt auf diesen Wegen zu fahren, die in der oberen Schicht aus einem Salz-Sand Gemisch bestehen, das angefeuchtet von einer Walze verdichtet wird und bei der fast ganzjährigen Trockenheit eine dauerhaft sehr glatte, feste Fahrbahn bietet. Rainer gibt noch die Anweisung immer auf dieser Strecke zu bleiben, auch wenn unser Navi uns auf die durchs Landesinnere verlaufende Ruta 5 führen will.
Wir sind mitten drin in der Atacama, eine der trockensten Wüsten der Welt. Ich weiß nicht so recht was ich von ihr halten soll. Einerseits bin ich Wüstenfan, liebe die unterschiedlichen Farben der Gesteine, die weichen Formen der Dünen, das tiefe Blau des Himmels im Kontrast mit den braunrot Tönen der Landschaft. Das gibt es hier heute nicht. Der Himmel ist bedeckt. Der hellgraue Boden, bewachsen mit fast schwarzen niedrigwüchsigen Büschen, hebt sich nur ansatzweise von dem etwas dunkler grau ruhig daliegenden Pazifik ab. Ich lasse die Twin mit 70 bis 90 Stundenkilometer laufen. Die Wolkendecke lichtet sich. Bei einem Stopp schaue ich mir einige Meter abseits der Piste einen blühenden Kaktus an. Ich empfinde ihn als ein winziges aber hübsches Lebenszeichen in der endlos scheinenden monotonen Landschaft. Mal fahre ich nahe der Gebirgsausläufer durch vom Wind und Sand geschliffenen Gesteinsfelder, dann durch eine topfebene in der Ferne durch Bergketten und Horizont begrenzte Ebene hellen Bodens mit dunklem Buschwerk.
In Chanaral, einer von der Minenindustrie geprägte Stadt, betanken wir unsere Motorräder und kaufen Proviant für die geplante Zeltübernachtung im Nationalpark Pan de Azucar. Rainer führt uns zu einem idyllischen Strand, wo wir eine überdachte Sitzgelegenheit und eine Grillfeuerstelle nutzen können. Bevor ich mein Zelt aufstelle, möchte ich mir die karstige Landschaft des Parks im langwelligen Abendlicht anschauen. Ich finde Hinweisschilder zu einem 10 Kilometer entfernten Mirrador. Meine Fahrt endet an einer Schranke. Ein junger Ranger erklärt mir, dass mich ein halbstündiger Fußmarsch zum Aussichtspunkt bringen würde. Ich bin ja nicht fußfaul, aber die schon vorgerückte Stunde lässt mich einen Quängelversuch beim Parkhüter starten. Er darf mich aber nicht mit meinem Motorrad zum Mirrador fahren lassen. Enttäuscht drehe ich, nehme mir in einiger Entfernung von den Rangern noch ein paar Minuten, um Fotos zu schießen. Der Rangerpickup kommt auf mich zugefahren. Mein junger Amigo hat für mich eine Erlaubnis zum Befahren der Piste zum Mirrador bei seinem Chef erwirkt.
Aus über 300 Meter Höhe schaue ich auf die Meeresbucht, an der wir heute unser Zelt aufbauen. Neben mir nutzen noch drei hübsche Chicas die beeindruckende Kulisse um Urlaubserinnerungen aufzunehmen. Sie bieten mir ihre Hilfe an mich abzulichten und ich staube noch ein Foto von mir mit zweien der Feen im Arm ab. An der Playa habe ich noch das Glück eine Badenixe beim Beschwören der Brandung zu beobachten.