21. Januar 2014 – Dienstag

Vor zehn Uhr haben wir uns bei unserer Gastfamilie bedankend verabschiedet. Die Ruta 5 führt uns über Serpentinen hoch ins Hinterland der Pazifikküste. Von einem Aussichtspunkt, der auch von Gleitschirmflieger als Startzone genutzt wird, schauen wir nochmal auf Arica hinunter. Eine 990er KTM und eine 1200er GS fahren auch auf unseren Aussichtspunkt. Die beiden haben die letzte Woche, ihres 10 Wochentrips angebrochen. Erfahrungen und Eindrücke werden ausgetauscht. Ich werde schon etwas ungeduldig, da eigentlich noch die gesamte Strecke bis Arequipa, mehr als 400 Kilometer vor uns liegen. Gegen Mittag erreichen wir die chilenisch peruanische Grenze. Es ist voll. Der Polizeibeamte, der meine Personendaten bearbeitet, schickt mich in ein Nebengebäude, in dem ich einen für die Ausreise notwendigen Vordruck bekommen soll. Ich steige in voller Montur bei mindestens 30 Grad in den zweiten Stock, finde aber nur eine Kantine, in der einige Gäste zu Mittag essen. Resigniert will ich wieder heruntergehen, als mir ein mit Edding beschriftetes A4 Blatt auf das Formular hinweist. Ich spreche eine in Kantinenmitarbeiterin in Küchenkleidung auf das ominöse Formular an, die mit mir zu einem Pult geht und mir im Tausch gegen 1000 Pesos zwei herausgibt. Mit dem ausgefüllten Wisch gehe ich, stolz die chilenische Bürokratie verstanden zu haben, zu meinem Schalterbeamten hin. Der deutet auf die Menschenschlange in der ich mich hinten einreihen soll. Die Ausreise meines Motorrades geht deutlich schneller. Komplett angezogen freue ich mich auf den kühlenden Fahrtwind durchs Niemandsland bis zur peruanischen Zollstation. Leider liegen keine erwarteten 10 bis 20 Kilometer dazwischen sondern ein Kilometer. Wir werden von einem Heer an Zöllnern empfangen. Zwei von ihnen stürmen auf uns zu, weisen uns einen Parkplatz zu und erklären das Vorgehen. Die Emigration bei der Polizei haben wir schnell erledigt. Zurück zu unseren zwei Zöllnern erkenne ich schnell, wer von ihnen der wichtigere ist. Es ist der Dienstältere. Er teilt uns die nächsten zu erledigenden Schritte in einem modernen Englisch Spanisch Misch mit, dass von dem sehr gut englisch sprechenden Jungkollegen berichtigt werden darf. Alles geschieht in einer liebenswerten wenn auch hitzigen Atmosphäre. Wir müssen die Motorräder in Peru deklarieren. In einem klimatisierten Büro dürfen wir platznehmen. Einige Daten aus unserem internationalen Fahrzeugschein werden in den Computer eingegeben, der Wert in US Dollar wird von uns erfragt, wir verlassen das Zollamt mit einem ehrfürchtig erscheinenden Dokument, das einer deutschen Zulassungsbescheinigung in nichts nachsteht. Noch ein paar Stempel hier und da, der Obst- und Drogencheck, ein Deckel meiner Koffer muss der Form halber geöffnet werden und wir nehmen die ersten peruanischen Meter unter die Räder.

Gleich ist es ein Uhr gibt mir Theo durch vor der Weiterfahrt durch. Die Aufregung der Zollformalitäten verarbeitet, wieder dem Rundlauf des Motors lauschend, bemerke ich, dass meine Naviuhr 11:10 anzeigt. Wir sind mit Grenzübertritt in die um zwei Stunden versetzte Zeitzone von Lima eingefahren. In Tacna, der ersten großen Stadt in Peru versuchen wir einen Geldautomaten zu finden, flüchten aber vor dem chaotischen Verkehr. Das Treiben in der Stadt, die vielen kleinen Läden, das ununterbrochene Hupen erinnert mich an nordafrikanische Städte. In Argentinien und zuletzt in Chile ging es bedeutend gesitteter zu. Zweiter Versuch in einer kleineren Stadt namens Moquegua. Dreimal drehen wir Runden durch ein etwas gelasseneres Chaos als in Tacna. Das Nachfragen bei Einheimischen führt uns zu einer malerischen Plaza aus der Kolonialzeit. Wir halten am Straßenrand. Ich merke wie wir von hunderten Augen beobachtet werden. Den Helm abgezogen gehe ich auf einen Peruaner zu stelle mich kurz vor und frage nach dem Bankomaten. Freundlich, fast glücklich darüber, dass ich ihn angesprochen habe führt er mich zu einem Portal, das in eine ehemalige Festungsanlage einlässt und zeigt mir den versteckt platzierten Geldspender. Jetzt bin ich froh wieder in Landeswährung flüssig zu sein, bedanke ich mich nochmals mit Handschlag bei meinem peruanischen Freund und bitte ihn sich mit mir auf der Plaza fotografieren zu lassen. Ein anderer Beobachter bietet sich an meinen Fotoapparat zu bedienen, möchte danach auf der Twin sitzend mit seiner Kamera geknipst werden. Eine Junge, äußerst attraktive Peruanerin bittet auch um ein solches Foto. Mir ist der Auflauf um uns herum schon peinlich und gebe Theo zu verstehen schnell zu flüchten. Auf dem Motorrad sitzend und weiter Richtung Arequipa fahrend, genieße ich die Plaza von Moquegua und denke es wäre ein schöner Ort für eine Übernachtung gewesen.

Die zwei Stunden Zeitverschiebung klauen uns natürlich auch die gewohnte Helligkeit am Abend. Quasi schon, in der hier nur kurzen Dämmerung, frage ich nach einem Hostel mit sicherer Abstellmöglichkeit für unsere Motorräder. Der dritte Anlauf klappt. Nach 11 Stunden auf trapp, machen wir uns rasch zivil und schlemmern noch ein leckeres Abendmahl. Diese Nacht schlafe ich tief und fest.

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