Obwohl Motorräder in Peru keine Straßennutzung entrichten müssen halte ich an der Mautstelle an. Ich will den Mautkassierer fragen ob er ein großes Reisemotorrad bereites hat passieren sehen. Der möchte jedoch erst die Soles der Lastwagen kassieren und zeigt mit einer Handbewegung zur anderen Straßenseite. Ich gehe zur telefonierenden Senora. Da ist wohl der Liebste an der anderen Hörermuschel. Ich warte kurz, dann gehe ich zu einem Obstverkaufsstand gleich hinter der Mautstation. Ja, da ist ein solches Motorrad in meiner Fahrtrichtung vorbeigefahren. Mit ein paar Aprikosen im Tankrucksack nehme ich die Verfolgung auf.
Die open street maps, die auf unseren Navis installiert sind haben keine Städtenamen auf der von uns gewählten Ruta 30a eingezeichnet, so dass Theo und ich heute keinen gemeinsamen Zielpunkt ansteuern. Die gut zu befahrende, aus endlosen herrlich geformten Kurven bestehende Ruta lässt ein flottes Tempo zu. Ich habe Theo bei einem Überholmanöver eines Sattelzuges aus den Augen verloren. Vom meinem Gefühl her, hätte ich ihn aber lange schon einholen müssen, weshalb ich mir eine Bestätigung geholt habe. Nach weiteren 15 Minuten Fahrt habe ich meinen Amigo immer noch nicht eingeholt. Ich frage nochmals drei am Straßenrand sitzende Peruaner. Die versichern mir in der letzen halben Stunde kein Motorrad hier gesehen zu haben. Verunsichert drehe ich, fahre zur Mautstelle zurück, spreche mit einem Polizisten. Der fragt seine Kollegen, die Theo mit Sicherheit gesehen hatten. Er telefoniert mit der nächsten, 80 Kilometer entfernten Mautstelle, um dort Theo von meinem Aufenthalt zu unterrichten. Alles was umständlich ohne Handyverbindung. Ich beschließe die nächste Mautstelle anzufahren und hoffe ihn bis dahin wiederzutreffen. Und tatsächlich kommt mir Theo, der lange auf mich gewartet hatte irgendwann entgegen.
Lang steigt die Ruta 30a unauffällig auf über 3000 Meter. Das Pueblo, in dem wir übernachten wollten haben wir verpasst und steigen in vielen Kehren auf über 4500 Meter hinauf. Gebannt von der Landschaft gönne ich mir zahlreiche Fotopausen. Mein Organismus verkraftet die Höhenluft inzwischen offensichtlich deutlich besser als noch in Puno am Titicacasee. Das erreichte Hochplateau zieht sich. Ich hoffe mit jeder Serpentinenstrecke, die mir mein Navi anzeigt, endlich wieder an Höhe zu verlieren, doch die Ruta schlängelt sich um die vielen Hügel der Umgebung. Der Himmel verfinstert sich. Kurz bevor ich in die gewittrige Graupelschauer einfahre, verpacke ich mich und den Tankrucksack wasserfest. Der Graupel bedeckt die Fahrbahn. Ein vor mir fahrender Lastwagen zerdrückt mit seinen breiten Reifen den Graupelmatsch. Ich nutze die Spur. Mir ist kalt. Die Griffheizung wärmt die Innenhand, doch die Fingerkuppen sind schon gefühlslos. Nach einer viertel Stunde hört der Horror auf.
Endlich verliere ich an Höhe. Ich hole eine offene Rikscha ein. Der auf der Ladefläche rückwärts mitfahrende Beifahrer winkt mir mit einen Fisch in der Hand entgegen. Habe ich Halluzinationen? Kurz nach dem Überholen der Rikscha ohne den Fisch gekauft zu haben, treffe ich Theo am Straßenrand. Er hatte auch ein paar Hagelkörner abbekommen. Es geht bergab. In Puquio fängt uns ein geschäftstüchtiger Peruaner uns am Plaza ab. Weniger Komfort für teures Geld verkauft er uns.