Ich verlasse das mit Unmengen an Abgasen belastete Potosi in Richtung Süden und mache ein letztes Foto. Aus dieser Perspektive sieht man der Stadt nicht ihre Verschmutzungen durch den umweltbelastenden Minenbau an. Wie bereits gewohnt, will ich an der Mautstation rechts neben dem Zahlhäuschen passieren. Doch einer der kräftigen Wegelagerer zwingt mich zum Anhalten. Zehn Bolivianos, ungefähr ein Euro, will er. Ich mache ihn glücklich.
Ab hier fahre ich durch ein Bolivien, das ich nicht mehr erwartet hatte. Die Fahrbahn ist neu, führt kurvenreich durch eine farbenprächtige Landschaft, die vom tiefblauen Himmel mit buschig weißen Wölkchen begrenzt wird. Die Kräfte der Natur haben zahlreiche Canyons geschaffen, die sich tief in die Oberfläche eingearbeitet haben. Immer wieder fahre ich an einzelne oder zu einem Pueblo zusammengestellten Behausungen vorbei, die sich mit ihren Lehmsteinen und Schilfdächer harmonisch in die Umgebung integrieren. In den saftig grünen Ebenen weiden stattliche Viehherden, wobei Alpakas neben einigen Kühen, Pferden und Esel, am häufigsten vertreten sind. Meine Pausen sind viel zu kurz, um die Eindrücke greifen zu können.
Doch heute heißt das Ziel Uyuni. Wie oft habe ich zu Hause mir Bilder des Salar angeschaut, beeindruckende Videos in youtube angeschaut und Beschreibungen in Reiseberichten aufgesogen. Für mich ein Highlight dieser Reise. Hinter der letzten Kehre schaue ich nun hinunter auf Uyuni. Rechts von mir hängt tief ein Gewitter in den Bergen, der Donner mahnt mich weiterzufahren. Doch eine kurze Pause muss sein, um die im Sonnenlicht blinkenden Blechdächer der Hochlandstadt in der weiten kargen Landschaft zu betrachten. Trotz meiner erhöhten Position kann ich den Salar nur erahnen.
Am Ortseingang treffe ich Theo, mit dem ich zunächst auf Unterkunftsuche gehe. Das stadttypisch schmutzig anmutende Uyuni hat durch den Touristenmagnet einiges an Hostals und Hotels zu bieten, was die Suche nicht verkürzt. Letztendlich finden wir was passendes für die Motorräder und uns. Schnell deponieren wir einen Teil des Gepäcks im Hotelzimmer, um noch zum, wie wir an der Rezeption erfahren, 30 Kilometer entfernten Salar zu fahren.
Die neue schnurgerade Straße ist soweit vorbereitet, dass in Kürze die Asphaltdecke aufgetragen werden kann. Doch wir genießen noch die ursprüngliche Piste. Die uns entgegenkommenden Touristenjeeps wirbeln ordentlich Staub auf, der uns kurzzeitig die Sicht raubt. In Cochani zeigt uns ein Hinweisschild, dass wir rechtsabbiegen müssen und noch fünf Kilometer zum Salar fahren müssen. Das Licht ist trotz der leicht getönten Motorradbrille schon gleißend. Die Umgebung erscheint surreal, so als hätte man die Erde verlassen und einen anderen Planeten betreten. Ein Mahnmal auf einen Parkplatz lässt uns anhalten. Hier befindet sich die Zufahrt auf den Salar, über den eine offizielle Piste verläuft. Aber der Salar steht unter Wasser. Sind noch unsere Bekannten aus Valparaiso, Günter und Detlef, im Oktober über den Salar zur Insel Incahuasi gefahren und haben dort im Zelt übernachtet, hat seitdem die Regenzeit den Salar geflutet. Nur die Touristen Guides karren Unmengen an Schaulustigen in und auf den Dächern der Jeeps durch das 20 bis 30 Zentimeter tiefe Wasser über den Salar. Ich hatte auch zu Hause davon geträumt, zu erfahren wie lange man sich traut mit geschlossenen Augen sein Motorrad weiterzufahren oder die skurrile Insel zu besichtigen. Doch die Stimmung hier am Rande des Salar de Uyuni ist schon überwältigend. Ich versuche die Eindrücke in die Kamera zu bekommen und eine nette auf dem Fahrrad reisende Amerikanerin hilft mir bei meinen recht geglückten Perspektivfotos.
Ein rundum geglückter Reisetag.