18. Februar 2014 – Dienstag

Wir wollen das einige Kilometer entfernte Valle de Luna besuchen. Vorher brauchen wir einen Geldautomaten und Kraftstoff, den guten mit 95 Oktan. Schnell stellen wir fest, dass San Pedro nicht für Individualverkehr ausgelegt ist. Einigen Straßen sind dafür gesperrt. Also parke ich mein Motorrad und laufe drei Blöcke weiter zum Bankautomaten. Den scheinen viele zu lieben, ich warte 15 Minuten in der Mittagshitze. Den guten Sprit kriegen wir tatsächlich.

Raus aus der Stadt fahren wir zunächst die offizielle Zufahrt zum Valle. Erst werden wir vor einem Minenfeld gewarnt, dann stehen wir vor einer verschlossenen Schranke, hinter der das Valle de Luna beginnt. Wir kehren um und finden einen Abzweig, der uns bis an die Kannte des Canyons führt. Wir sind zu früh, erst das warme Licht der untergehenden Sonne bringt die Farben zur Geltung. Für morgen habe ich ein Ticket. Da soll es um 4 Uhr morgens mit einer Reisegruppe zum Geysirfeld el Tatio gehen.

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14. Februar 2014 – Freitag

Ich verlasse das mit Unmengen an Abgasen belastete Potosi in Richtung Süden und mache ein letztes Foto. Aus dieser Perspektive sieht man der Stadt nicht ihre Verschmutzungen durch den umweltbelastenden Minenbau an. Wie bereits gewohnt, will ich an der Mautstation rechts neben dem Zahlhäuschen passieren. Doch einer der kräftigen Wegelagerer zwingt mich zum Anhalten. Zehn Bolivianos, ungefähr ein Euro, will er. Ich mache ihn glücklich.

Ab hier fahre ich durch ein Bolivien, das ich nicht mehr erwartet hatte. Die Fahrbahn ist neu, führt kurvenreich durch eine farbenprächtige Landschaft, die vom tiefblauen Himmel mit buschig weißen Wölkchen begrenzt wird. Die Kräfte der Natur haben zahlreiche Canyons geschaffen, die sich tief in die Oberfläche eingearbeitet haben. Immer wieder fahre ich an einzelne oder zu einem Pueblo zusammengestellten Behausungen vorbei, die sich mit ihren Lehmsteinen und Schilfdächer harmonisch in die Umgebung integrieren. In den saftig grünen Ebenen weiden stattliche Viehherden, wobei Alpakas neben einigen Kühen, Pferden und Esel, am häufigsten vertreten sind. Meine Pausen sind viel zu kurz, um die Eindrücke greifen zu können.

Doch heute heißt das Ziel Uyuni. Wie oft habe ich zu Hause mir Bilder des Salar angeschaut, beeindruckende Videos in youtube angeschaut und Beschreibungen in Reiseberichten aufgesogen. Für mich ein Highlight dieser Reise. Hinter der letzten Kehre schaue ich nun hinunter auf Uyuni. Rechts von mir hängt tief ein Gewitter in den Bergen, der Donner mahnt mich weiterzufahren. Doch eine kurze Pause muss sein, um die im Sonnenlicht blinkenden Blechdächer der Hochlandstadt in der weiten kargen Landschaft zu betrachten. Trotz meiner erhöhten Position kann ich den Salar nur erahnen.

Am Ortseingang treffe ich Theo, mit dem ich zunächst auf Unterkunftsuche gehe. Das stadttypisch schmutzig anmutende Uyuni hat durch den Touristenmagnet einiges an Hostals und  Hotels zu bieten, was die Suche nicht verkürzt. Letztendlich finden wir was passendes für die Motorräder und uns. Schnell deponieren wir einen Teil des Gepäcks im Hotelzimmer, um noch zum, wie wir an der Rezeption erfahren, 30 Kilometer entfernten Salar zu fahren.

Die neue schnurgerade Straße ist soweit vorbereitet, dass in Kürze die Asphaltdecke aufgetragen werden kann. Doch wir genießen noch die ursprüngliche Piste. Die uns entgegenkommenden Touristenjeeps wirbeln ordentlich Staub auf, der uns kurzzeitig  die Sicht raubt. In Cochani zeigt uns ein Hinweisschild, dass wir rechtsabbiegen müssen und noch fünf Kilometer zum Salar fahren müssen. Das Licht ist trotz der leicht getönten Motorradbrille schon gleißend. Die Umgebung erscheint surreal, so als hätte man die Erde verlassen und einen anderen Planeten betreten. Ein Mahnmal auf einen Parkplatz lässt uns anhalten. Hier befindet sich die Zufahrt auf den Salar, über den eine offizielle Piste verläuft. Aber der Salar steht unter Wasser. Sind noch unsere Bekannten aus Valparaiso, Günter und Detlef, im Oktober über den Salar zur Insel Incahuasi gefahren und haben dort im Zelt übernachtet, hat seitdem die Regenzeit den Salar geflutet. Nur die Touristen Guides karren Unmengen an Schaulustigen in und auf den Dächern der Jeeps durch das 20 bis 30 Zentimeter tiefe Wasser über den Salar. Ich hatte auch zu Hause davon geträumt, zu erfahren wie lange man sich traut mit geschlossenen Augen sein Motorrad weiterzufahren oder die skurrile Insel zu besichtigen. Doch die Stimmung hier am Rande des Salar de Uyuni ist schon überwältigend. Ich versuche die Eindrücke in die Kamera zu bekommen und eine nette auf dem Fahrrad reisende Amerikanerin hilft mir bei meinen recht geglückten Perspektivfotos.

Ein rundum geglückter Reisetag.

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13. Februar 2014 – Donnerstag

Um zehn vor neun frage ich an der Rezeption nach einer Besichtigungstour der hiesigen Silberminen. Um kurz nach neun sitzen Theo und ich mit dem Fahrer und unserem Guide in einem Microbus. Weitere fünf Chilenen picken wir an einem Hotel auf und schaukeln gemächlich zwischen dem ersten und zweiten Gang die äußerst holprigen Pflastersteinstraßen bergan.

Zunächst ziehen wir eine minengerechte Kluft über. In Gummistiefel laufen wir über den Minerosmarkt um Geschenke für die Minenarbeiter zu beschaffen. Wichtig seien die Kokablätter, die den Arbeitern Kraft und Durchhaltevermögen verleihen. Mit bestimmten Beschleunigern wir die Wirkung der Kokablätter noch verstärkt. Auch in eigenartigem Papier eingetütete selbstgedrehte Zigaretten mit Spezialtabak gehören in die Geschenktüte. Roger, unser Tour Guide, erklärt uns bis zu welcher Zusammenstellung der hier vertriebene Sprengstoff ungefährlich ist und welche Stoffe die Explosion verstärken. Auch der wird gerne von den Mineros ausgepackt. Jeder von uns Touris mit einer Geschenktüte auf dem Rücken, karren in dem Kleinstvan die Minenstraße hoch.

Es ist alles andere als eine für Touristen sauber präparierte Vorführung. Schnell wird uns bewusst, dass wir ein Teil des hiesigen Alltags werden. Im Matsch stehend erklärt uns Roger die Verladung der behelfsmäßig anscheinenden Rampen. Lastwagen fahren dann das Minengut in umliegende Fabriken, die die reinen Produkte erzeugen. Rein geht es in unseren Stollen. Wir tapsen zwischen den Schmalspurschienen, die die handgedrückten Loren führen, durch Matsch und tiefe Pfützen. Ein Zeremoniell, dass jeder Minenarbeiter vor Arbeitsbeginn an einer Teufelsfigur durchführt, um reichlich Ausbeute zu machen, wird uns erklärt. Auch ich schließe mich diesem Brauchtum an, wird schon nicht schaden. Bald schon komme ich nur gebückt vorwärts. Teilweise zerborstene Holzkonstruktionen sollen den Stollen abstützen. Roger erklärt die Gesteine und welche Mineralien sie enthalten. Vor fast 500 Jahren seien die Silberschichten zwei Meter dick gewesen, heute werden 3 Zentimeter Schichten abgebaut. Zur Zeit der Spanier waren die Mineros sechs Tage ohne Pause im Berg, heute wird zwischen 8 und 15 Stunden im Berg gearbeitet. Unser Guide lässt uns durch einen schmalen Kanal hochsteigen, zu den Mineros, die neben seinen Erklärungen, mit Hammer und Meißel eine Zinnader abbauen. Nochmals nehmen wir an einem Ritual teil, in dem zur Ehrung des Teufels kein 98 prozentiger Alkohol konsumiert wird sondern ein schmackhafter Schnaps. Der Abstieg gestaltet sich etwas leichter als der Aufstieg, doch bin ich froh, dass das Ritual genutzt hat. Wir stehen wieder im Tageslicht. Nicht für 10000 Bolivianos würde ich hier arbeiten wollen, kommentiert Theo.

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12. Februar 2014 – Mittwoch

Vollgetankt, mit acht Liter zusätzlich im Reservekanister verlassen wir Oruro. Die Ruta 1 führt geradlinig durch eine baumlose Graslandschaft. Die Wolken hängen tief, die gute, nur mit seltenen Schlaglöchern versehene Fahrbahn ist trocken. Bei der ersten Verschnaufpause grüßen uns hupend drei Motorradfahrer. Dem Gepäck nach zu urteilen sind sie auf ähnlich großer Tour wie wir. In Challapata zweigt die Ruta 1 in einem langgezogenem Bogen nach Potosi ab. Geradeaus wären es noch ungefähr 200 Kilometer bis zum Salar de Uyuni. Hinter dem Abzweig führt unsere jetzt kurvenreiche Strecke in eine Gebirgslandschaft.  Wir holen die drei Motorradfahrer, die auf in der USA angemeldeten Motorräder unterwegs sind. Sie nutzen ihren Urlaub, um Etappenweise von Alaska nach Ushuaia zu reisen. Nach meist zwei Wochen Motorradfahren deponieren sie die Motorräder, um nach ein wenig Arbeit in der Heimat ihre Weiterfahrt aufzunehmen. Wie wir erfahren, eine Reise mit ganz besonderen Tücken. Ihre Motorräder waren neun Tage über die zulässigen 90 visumsfreien Tage in Peru. Bei der jetzt notwendigen Ausreise nach Bolivien, weigert sich der Zoll Ausreisedokumente für die Motorräder auszustellen, stattdessen will er sie konfiszieren. Die drei kehren um, wählen einen kleineren Grenzübertritt, kombiniert mit einer Fährverbindung über den Titicacasee, drücken 400 Dollar Bakschisch ab bevor die geplante Fahrt fortgeführt werden kann.

Die Strecke verläuft durch einen Canyon mit vielen fotogenen Szenen. Ich muss mich zwingen weiterzufahren. Hinter jeder Kehre sehe ich ein neues Panorama, welches ich wieder aufnehmen will. Bereits an unserem Einreisetag durchfuhren wir eine Landschaft, die erodiert vom vielen Regen vereinzelt mehrere Meter hohe Skulpturen hinterlassen hat. Damals hatte unser Benzinproblem mich am häufigen Anhalten gehindert. Heute wollte ich möglichst viele Eindrücke einfangen.

Ich erreiche Potosi und vermisse meinen Reisebegleiter. Der wird schon zum Hotel sein, so meine feste Überzeugung. Da unser ausgewähltes Hotel sich nicht im Verzeichnis der open street map befindet, hatte ich gestern die ungefähre Lage in Theos Navi als Favorit gespeichert. Eine Umleitung lässt mich lange durch das Einbahnstraßennetz Potosis irren. Als ich mich neu orientiere treffe ich die Amerikaner wieder, die zusammen mit Theo neuen Sprit an einer Tankstelle gezapft haben. Theo hatte in seinem Navi deren Unterkunft gefunden und aufgrund der geringen Entfernung zu unserem Hotel, sich mit ihnen für den Abend unverbindlich verabredet. Sie haben Probleme ihr Hostal zu finden und bitten mich sie zu ihrem Hostal zu leiten. Auch ich finde ihre Unterkunft in meinem Navi. Die eigentlich kurze Strecke wird im dichten Stadtverkehr zur Geduldsprobe. Endlich im Hotel angekommen vermisse ich Theo. Der hat mich per SMS gesucht, doch bevor ich antworten steht er auch vor dem Hotel, griesgrämig darüber, dass ich ihn an seiner Tankstelle übersehen habe.

Ich kläre in der Rezeption den von Oruro organisierten Benzinkauf ab. Die hilfsbereite Senora schickt mich zur 100 Meter entfernten Tankstelle. Ich bemerke bereits beim auffüllen der Tanks den Polizisten, der das hiesige Geschehen beobachtet. Der hintere Tank fast knapp 12 Liter, also scheint das Zählwerk der Zapfsäule zu stimmen. 82 Bolivianos zeigt die Betragsanzeige. Der Tankwart tippt auf einem Taschenrechner und will 185 Bolivianos. Ich habe nur noch 160 im Portemonnaie. Der Tankwart geht damit zum Polizisten, der nickt zustimmend.

Den Abend verbringen wir mit unseren amerikanischen Freunden, tauschen Reiseerfahrungen aus, vergleichen Nordamerika mit Europa und wünschen uns viel Glück für die Weiterfahrt.

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11. Februar 2014 – Dienstag

Ihr braucht gar nicht erst nach Bildern zu suchen, es gibt sie heute nicht, oder hätte ich Tankstellen knipsen sollen, die an Ausländer keinen Sprit ausgeben. Auf dem Weg nach Potosi wollen wir nach der quälenden Stadtausfahrt noch rasch volltanken, um ein erneutes Malheur, wie gestern auszuschließen. Der vor uns betankte Wagen macht uns den Weg zur Zapfsäule frei, doch der Tankwart will Theo nicht bedienen. Wir versuchen die nächste Tankstelle, an der wir auch keinen Sprit bekommen. Wir drehen, um eine Tankstelle im Innenstadtbereich aufzusuchen. Deren Zapfsäulen sind demontiert. An einer Weiteren warten von jeder Seite der Zapfsäule fünf Autos darauf, dass der Tankwagen mit dem Befüllen des Erdtanks fertig wird. Ich wundere mich, dass der in die Jahre gekommene Tankwagen mit der Vorderachse auf Holzrampen steht. Auf meine Frage wie lange es noch dauert, wird mir die Hoffnung genommen hier Benzin zu bekommen. Der nette Tankwart macht mir noch eine Skizze, wo sicherlich noch 20 Liter für uns übrig wären. Also zurück durch die Stadt und mein Gefühl hatte recht, wir stehen wieder an der zweiten Station von vorhin. Nada. Doch gleich daneben befindet sich noch eine Tankstelle. Bei erneuter Ablehnung werde ich langsam kribbelig. Der Tankwart verweist mich an den Chef. No combustible privada, fractura national. Er bemüht sich mir die Situation zu erklären. Ich verstehe nur, es gibt keinen Sprit für Touristen. Von der nächstgelegenen Grenze zu Chile sind wir mindestens 200 Kilometer entfernt, und das ist eine Piste, deren Zustand durch die vielen Regenfälle in schlechtem Zustand sein kann. Über Asphaltstraße sind es gar 350 Kilometer, die mit Glück zu schaffen wären. Ich gehe nochmals zum Chef, um lumpige 20 Liter zu erquängeln. Der wiederholt sich und bleibt hart.

Ich frage einen Autofahrer dessen Fahrzeug gerade betankt wird, ob er mir privat Sprit verkaufen wolle. Er versteht meine Situation und fragt nach einer Flasche, in die der Tankwart während des Tankvorgangs Sprit abfüllen würde. Erleichtert eile ich, um Theos Reservekanister zu holen. Als ich mit diesem auf den Tankwart zugehe, wirft er mir eine Handbewegung zu, die mich mit dem Kanister abdrehen lässt. Der Autofahrer gibt mir beim Verlassen der Tankstelle einen Wink, ihm zu folgen. Er drückt mir quasi im Fahren einen roten Behälter in die Hand und will 30 Bolovianos. Die vier Liter sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Ich verhandle nochmals mit meinem korrupten Tankwart. Doch der weist auf die Kontrolleure in der Nähe der Tankstelle und vertreibt mich mit dem Kanister. Eine viertel Stunde später fragt ein anderer Tankwart nach meinen Kanistern und füllt diese tatsächlich nochmal. Versteckt unter seiner Jacke bringt er uns die sieben Liter und will 60 Bolovianos. Er kriegt 50 von mir. Jedes unserer Motorräder sollte nun fast 400 Kilometer weit kommen, doch es ist schon fast drei Uhr, zu spät um ein entferntes Ziel anzugehen. Zurück im Hotel, buchen wir erneut eine Übernachtung. Bei der Spritbeschaffung ist uns das Personal behilflich.

Hab doch noch Bilder.

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10. Februar 2014 – Montag

Wieder mit meinen ganzen Utensilien bepackt, sitze ich auf der Africa Twin und fahre bei sonnigen aber kühlen Wetter den gestern bereits bewunderten Bereich des Lauca Parks. Die mitunter stark beschädigte Asphaltdecke erfordert ein konzentriertes Steuern des Motorrades. Den gestern aus der Ferne schemenhaft gesehene Vulkan Parinacota wächst heute mit jeder Straßenwindung. An den vielen, kleinen Gewässer suchen Flamingos und andere Wasservögel nach Nahrung, häufig kreuzen Vicunas und Lamas die Straße. Große Herden von den Vierbeinern weiden in der mit Hochlandgras bewachsenen Ebene. Doch für mich ist der wahre Champion des Lauca Parks eben der Parinacota mit seinem Lago Chungara, in dem er sich bei Windstille spiegelt. Ich weiß nicht, wie oft ich den Vulkan heute aus verschiedenen Perspektiven abgelichtet habe. Doch dieses Grenzgebiet nach Bolivien beheimatet insgesamt vier Vulkane, die über 6000 Meter messen. Einer davon, der Vulkan Guallatire, bläst Rauch ab. Er soll einer der aktivsten Vulkane der Anden sein.

Meine Ausreise aus Chile, an dem kleinen Grenzübergang in 4600 Meter Höhe, ist Formsache und in zehn Minuten erledigt. Bis zur bolivianischen Grenzstation sind es vielleicht 15 Kilometer. Auf der Fahrt dorthin passiere ich eine vier Kilometer lange Lastwagenschlange. Die auf die Abfertigung wartenden Fahrer unterhalten sich in kleinen Gruppen, schauen nach ihren Fahrzeugen oder dösen im Fahrerhaus. Beim Vorbeifahren wünschte ich für einige Stunden mit ihnen tauschen zu können. Dann würde ich die erhabene Atmosphäre genießen.

Bolivien, mal was Neues. An der Zollstation treffe ich Theo, der seit längerem mit dem Zöllner versucht, seine BMW für Bolivien zu registrieren. Es scheitert offensichtlich an einem Computerprogramm, das heute nicht so richtig will. Letztendlich führt uns ein Kollege unseres Bearbeiters zu einem Speditionsbüro, in dem eine junge, hilfsbereite Senora die fehlenden Kontrollnummern im System heraussucht und alle Unterlagen für die Einreise vorbereitet. Die 20 Bolivianos kann ich ihr erst nach der Tauschaktion mit einer in Trachten gekleideten Senora, die mir von einem Polizisten empfohlen wird, zahlen. Eigenartige Wechselstube, denke ich mir und fühle mich übers Ohr gehauen.

Mit unserem Startkapital gehen wir auf die Suche nach einer Tankstelle. Die in der Grenzstadt Tambo Quemado führt wenn überhaupt nur Diesel. Die nächste Tankstelle soll im über 200 Kilometer entfernten Patacamaya sein. Das ist zu weit. Wir können nicht glauben, dass an einer Hauptverbindungsstraße kein Sprit zu bekommen sein soll, also fahren wir los. Als nach etwa 100 Kilometer die BMW nach neuem Kraftstoff ruft, fahren wir an einem Rastplatz an. Auf dem großen, unbefestigten Parkplatz sind unsere Motorräder die einzigen Fahrzeuge. Neben dem Gebäude steht ein Auto. Die Wirtin bietet uns fünf Liter, die sie aus ihrem PKW abzapft an. Damit schaffen wir es bis zwei Kilometer vor der geplanten Tankstelle. Als ich den Reservekanister füllen will, fragt mich einer der vier sich unterhaltenden Tankwarte, wie viel ich für einen Liter zahlen will. Wie bei der Wechselsenora fühle ich mich unsicher. Der Tankwart fängt mit 10 Bolivianos an. Ich stutze und wage cinco zu sagen. Ich fülle den Kanister für 10 Bolivianos mit 2,6 Liter. Als ich kurz danach mit Theo zum Auftanken der Motorräder an die Tankstelle rolle, fülle ich zunächst den Hecktank, in dem genau 12 deutsche Liter passen. Hier werden 13,4 Liter eingefüllt. Der Gesamtbetrag wird nicht an der Zapfsäule abgelesen, sondern die Literzahl mit den ausgehandelten 5 Bolivianos multipliziert. Normalerweise läge der Touristenpreis bei neun Bolivianos. Erzürnt über diese Behandlung suchen wir mit vollen Tanks eine Unterkunft.

Das Loch mit den kleinen Bettbewohnern in Patacamaya lehne ich ab. Wir starten noch durch nach Oruro, wo wir nach eifriger Suche gut unterkommen. Es war ein langer, anstrengender Tag.

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