12. Februar 2014 – Mittwoch

Vollgetankt, mit acht Liter zusätzlich im Reservekanister verlassen wir Oruro. Die Ruta 1 führt geradlinig durch eine baumlose Graslandschaft. Die Wolken hängen tief, die gute, nur mit seltenen Schlaglöchern versehene Fahrbahn ist trocken. Bei der ersten Verschnaufpause grüßen uns hupend drei Motorradfahrer. Dem Gepäck nach zu urteilen sind sie auf ähnlich großer Tour wie wir. In Challapata zweigt die Ruta 1 in einem langgezogenem Bogen nach Potosi ab. Geradeaus wären es noch ungefähr 200 Kilometer bis zum Salar de Uyuni. Hinter dem Abzweig führt unsere jetzt kurvenreiche Strecke in eine Gebirgslandschaft.  Wir holen die drei Motorradfahrer, die auf in der USA angemeldeten Motorräder unterwegs sind. Sie nutzen ihren Urlaub, um Etappenweise von Alaska nach Ushuaia zu reisen. Nach meist zwei Wochen Motorradfahren deponieren sie die Motorräder, um nach ein wenig Arbeit in der Heimat ihre Weiterfahrt aufzunehmen. Wie wir erfahren, eine Reise mit ganz besonderen Tücken. Ihre Motorräder waren neun Tage über die zulässigen 90 visumsfreien Tage in Peru. Bei der jetzt notwendigen Ausreise nach Bolivien, weigert sich der Zoll Ausreisedokumente für die Motorräder auszustellen, stattdessen will er sie konfiszieren. Die drei kehren um, wählen einen kleineren Grenzübertritt, kombiniert mit einer Fährverbindung über den Titicacasee, drücken 400 Dollar Bakschisch ab bevor die geplante Fahrt fortgeführt werden kann.

Die Strecke verläuft durch einen Canyon mit vielen fotogenen Szenen. Ich muss mich zwingen weiterzufahren. Hinter jeder Kehre sehe ich ein neues Panorama, welches ich wieder aufnehmen will. Bereits an unserem Einreisetag durchfuhren wir eine Landschaft, die erodiert vom vielen Regen vereinzelt mehrere Meter hohe Skulpturen hinterlassen hat. Damals hatte unser Benzinproblem mich am häufigen Anhalten gehindert. Heute wollte ich möglichst viele Eindrücke einfangen.

Ich erreiche Potosi und vermisse meinen Reisebegleiter. Der wird schon zum Hotel sein, so meine feste Überzeugung. Da unser ausgewähltes Hotel sich nicht im Verzeichnis der open street map befindet, hatte ich gestern die ungefähre Lage in Theos Navi als Favorit gespeichert. Eine Umleitung lässt mich lange durch das Einbahnstraßennetz Potosis irren. Als ich mich neu orientiere treffe ich die Amerikaner wieder, die zusammen mit Theo neuen Sprit an einer Tankstelle gezapft haben. Theo hatte in seinem Navi deren Unterkunft gefunden und aufgrund der geringen Entfernung zu unserem Hotel, sich mit ihnen für den Abend unverbindlich verabredet. Sie haben Probleme ihr Hostal zu finden und bitten mich sie zu ihrem Hostal zu leiten. Auch ich finde ihre Unterkunft in meinem Navi. Die eigentlich kurze Strecke wird im dichten Stadtverkehr zur Geduldsprobe. Endlich im Hotel angekommen vermisse ich Theo. Der hat mich per SMS gesucht, doch bevor ich antworten steht er auch vor dem Hotel, griesgrämig darüber, dass ich ihn an seiner Tankstelle übersehen habe.

Ich kläre in der Rezeption den von Oruro organisierten Benzinkauf ab. Die hilfsbereite Senora schickt mich zur 100 Meter entfernten Tankstelle. Ich bemerke bereits beim auffüllen der Tanks den Polizisten, der das hiesige Geschehen beobachtet. Der hintere Tank fast knapp 12 Liter, also scheint das Zählwerk der Zapfsäule zu stimmen. 82 Bolivianos zeigt die Betragsanzeige. Der Tankwart tippt auf einem Taschenrechner und will 185 Bolivianos. Ich habe nur noch 160 im Portemonnaie. Der Tankwart geht damit zum Polizisten, der nickt zustimmend.

Den Abend verbringen wir mit unseren amerikanischen Freunden, tauschen Reiseerfahrungen aus, vergleichen Nordamerika mit Europa und wünschen uns viel Glück für die Weiterfahrt.

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11. Februar 2014 – Dienstag

Ihr braucht gar nicht erst nach Bildern zu suchen, es gibt sie heute nicht, oder hätte ich Tankstellen knipsen sollen, die an Ausländer keinen Sprit ausgeben. Auf dem Weg nach Potosi wollen wir nach der quälenden Stadtausfahrt noch rasch volltanken, um ein erneutes Malheur, wie gestern auszuschließen. Der vor uns betankte Wagen macht uns den Weg zur Zapfsäule frei, doch der Tankwart will Theo nicht bedienen. Wir versuchen die nächste Tankstelle, an der wir auch keinen Sprit bekommen. Wir drehen, um eine Tankstelle im Innenstadtbereich aufzusuchen. Deren Zapfsäulen sind demontiert. An einer Weiteren warten von jeder Seite der Zapfsäule fünf Autos darauf, dass der Tankwagen mit dem Befüllen des Erdtanks fertig wird. Ich wundere mich, dass der in die Jahre gekommene Tankwagen mit der Vorderachse auf Holzrampen steht. Auf meine Frage wie lange es noch dauert, wird mir die Hoffnung genommen hier Benzin zu bekommen. Der nette Tankwart macht mir noch eine Skizze, wo sicherlich noch 20 Liter für uns übrig wären. Also zurück durch die Stadt und mein Gefühl hatte recht, wir stehen wieder an der zweiten Station von vorhin. Nada. Doch gleich daneben befindet sich noch eine Tankstelle. Bei erneuter Ablehnung werde ich langsam kribbelig. Der Tankwart verweist mich an den Chef. No combustible privada, fractura national. Er bemüht sich mir die Situation zu erklären. Ich verstehe nur, es gibt keinen Sprit für Touristen. Von der nächstgelegenen Grenze zu Chile sind wir mindestens 200 Kilometer entfernt, und das ist eine Piste, deren Zustand durch die vielen Regenfälle in schlechtem Zustand sein kann. Über Asphaltstraße sind es gar 350 Kilometer, die mit Glück zu schaffen wären. Ich gehe nochmals zum Chef, um lumpige 20 Liter zu erquängeln. Der wiederholt sich und bleibt hart.

Ich frage einen Autofahrer dessen Fahrzeug gerade betankt wird, ob er mir privat Sprit verkaufen wolle. Er versteht meine Situation und fragt nach einer Flasche, in die der Tankwart während des Tankvorgangs Sprit abfüllen würde. Erleichtert eile ich, um Theos Reservekanister zu holen. Als ich mit diesem auf den Tankwart zugehe, wirft er mir eine Handbewegung zu, die mich mit dem Kanister abdrehen lässt. Der Autofahrer gibt mir beim Verlassen der Tankstelle einen Wink, ihm zu folgen. Er drückt mir quasi im Fahren einen roten Behälter in die Hand und will 30 Bolovianos. Die vier Liter sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Ich verhandle nochmals mit meinem korrupten Tankwart. Doch der weist auf die Kontrolleure in der Nähe der Tankstelle und vertreibt mich mit dem Kanister. Eine viertel Stunde später fragt ein anderer Tankwart nach meinen Kanistern und füllt diese tatsächlich nochmal. Versteckt unter seiner Jacke bringt er uns die sieben Liter und will 60 Bolovianos. Er kriegt 50 von mir. Jedes unserer Motorräder sollte nun fast 400 Kilometer weit kommen, doch es ist schon fast drei Uhr, zu spät um ein entferntes Ziel anzugehen. Zurück im Hotel, buchen wir erneut eine Übernachtung. Bei der Spritbeschaffung ist uns das Personal behilflich.

Hab doch noch Bilder.

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