01. März 2014 – Samstag

Der morgendliche Wettercheck fällt nicht euphorisch aus. Der Himmel ist zugezogen und der Boden feucht. Schon bei der ersten Tasse Kaffee höre ich Donnergrollen und Regenprasseln. Mit einen mal sitzt kaum noch ein Gast beim Frühstück, alle haben sich zu den Fenstern begeben und schauen den Regenfluten zu. Die halben Meter tiefen und ebenso breiten Regenrinnen sind den Wassermassen nicht gewachsen, so dass sie Teile der Fahrbahn nutzen, um talwärts zu strömen. Gut, dass meine Stadtrundfahrt nicht heute am Morgen stattfindet.

Ich bummele in den Tag, plane meine letzten Aufenthalte bis Valparaiso, gehe ins Zentrum und finde noch ein Cafe, von dem aus ich mir den Stadttrubel anschauen kann. Vor fünf werde ich zu meiner Rundfahrt abgeholt.

Mendozas Schicksal war ein Erdbeben im März 1861, das sämtliche Kolonialbauten zerstört hatte. Unsere Besichtigung startet genau mit dieser Geschichte. Wir sehen eine Tafel, auf der Teile der Stadt vor der Katastrophe dargestellt sind. Gleich danach werden uns die einzigen Überreste des Bebens gezeigt. Die mit einem Stahlskelett stabilisierte Ruine der Kirche San Francisco. An einige Plazas fahren wir im Kleinbus vorbei und gelangen zum Cerro de la Gloria. Dieses Monument ehrt General San Martin und seine Armee, die von Mendoza aufbrach, um die Anden zu überqueren und Chile von den spanischen Kolonisten zu befreien. Dieses recht imposante Denkmal zeigt viele Szenen des Lebens der damaligen Epoche. Zum Abschluss werden wir Gast des samstägigen Abendgottesdienstes in einer 3500 Menschen fassenden Neubaukirche. Der die Messe begleitenden Gitarrenchor, gibt die Akustik des Stahlbaus faszinierend wieder. Von draußen sehe ich das alte, zu kleine Kirchengebäude neben dem riesigen, modernen Hallenbau stehen. Mir gefällt das antike besser.

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28. Februar 2014 – Freitag

Die lange Etappe bis Mendoza unterbreche ich mit einem Besuch des Parque National Sierra de Las Quijadas. Er befindet sich mittig zwischen Villa Dolores und meiner Zielstadt. Ich biege zur Touristeninformation ab. Das Prospekt zeigt, was ich in Google an Bildern gefunden hatte. Ich zahle und fahre bis zum Mirrador. Ein Ranger erklärt mir die Rundgänge und verspricht ein Auge auf mein Motorrad zu werfen. Der Wind hier in knapp 1000 Meter Höhe weht frisch. Ich gehe in Motorradstiefel und ziehe auch die Jacke nicht aus. Nach wenigen Metern legt sich der Wind. Jeder Schritt mit den schweren Stiefeln fällt mir schwer, ich laufe warm. Tapfer klappere ich Mirrador eins und zwei ab. Die bizarre Landschaft bietet mir an den unterschiedlichen Aussichtspunkten keine wirklich veränderten Perspektiven. Mit einem Senior stiefle ich zum Parkplatz zurück. Er schaut mich in meiner Montur schon verdutzt an. Aber als er weiß was ich unternehme, plappert er was das Zeug hält. Worüber sage ich euch bei der nächsten Reise.

Die erste Hälfte der Strecke war so monoton wie der folgende zweite Teil, nur ging es zunächst durch eine grüne Buschlandschaft in der Rinder zum Steak gedeihen, jetzt durchkreuze ich mehr und mehr Sanddünen, mit spärlichem Buschpflanzenbewuchs. Immer fahre ich in der Landschaft, kein Hügel von dem ich auf die Umgebung schauen kann, ist mir gegönnt. Erst am Rio Mendoza zwinge ich mich eine Pause einzulegen. Der Rio fließt gemächlich talwärts, ist aber notwendiger Wasserspender für die riesigen Weinfelder und Obstplantagen rund um Mendoza.

Der erste Versuch, eine Übernachtung zu ergattern, ist ernüchternd. Medoza sei ausgebucht, schließlich sei Karneval. Die nette Senora schickt mich zur Touristeninfo. Dort ist Hochbetrieb. Meine Diva nimmt sich die Zeit zwischen zehn und zwanzig Unterkünfte anzurufen, bis sie mir zwei Alternativen in den Stadtplan einzeichnet. Die missfallen mir. Ein älterer Hotelier bietet mir keine berauschende Unterkunft, aber meine Twin steht in seinem Hof. Er schickt mich in den nahen Stadtpark, in dem ich open Air in einem Urlaubsambiente speise.

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25. Februar 2014 – Dienstag

Gestern Abend war ich richtig klasse Essen. Vom Hotel hatte ich eine Restaurantempfehlung bekommen und einen Gutschein. Zunächst etwas skeptisch, hatte ich mich schließlich doch durchgerungen, in dem Eckrestaurant einen Fensterplatz einzunehmen. Und draußen war die Hölle los. Unzählige Motorräder wurschteln sich durch den dichten Rushhour-Verkehr. Mal sitzt nur eine Person obenauf, mal zwei mal eine Familie zu viert, natürlich alle ohne Helm. Neben den vielen Hondas, Yamahas und chinesischen Fabrikaten sehe ich auch eine 125er Duke von KTM. Da nicht nur ich die Leute draußen beobachte, sondern auch Passanten sich die Gäste hier drinnen anschauen, kriegt der KTM Pilot meinen gehobenen Daumen mit. Beim Sprung der Ampel auf Grün gibt der, von mir gebauchpinselt, mächtig Gas und lässt die anderen Rennfahrer weit hinter sich.

Serviert wurde mir eine Flasche Wasser, eine gut mundende 3/8 Liter Flasche 2013er Cabernet Sauvignon aus der Mendoza Gegend, Panecillos mit pikantem Aufstrich, zwei mit Käse überbackene, auf den Punkt zubereitetet Steak Medallions auf einer Cremesoße, ein süßgekochter Apfel, viel zu viel frittierte Kartoffeln. Als Nachtisch gönnte ich mir einen Flan mit einem Espresso. Für Umgerechnet 11€. Für mich ein voller Erfolg.

Jetzt sitze ich Richtung Süden fahrend auf meiner Twin. In den Regenkombi bin ich schon in der Hotelgarage hineingeschlüpft hoffend, dass der Regen dann nicht so ergiebig wird. Die Fahrbahn der RN 157 ist nass, doch oben sind die Schleusen geschlossen. Kühl, aber mit der auf halber Kraft laufenden Griffheizung, erträglich. Ich will heute richtig Kilometer machen. In Colonia Caroya hatte ich mir heute Morgen bereits eine Bleibe für die Nacht ausgeguckt. Ich halte eisern den Lenker fest, wage es nicht anzuhalten bis die erste Hälfte der Kilometer abgespult ist. Nein gar nicht wahr. Eine Polizeikontrolle mitten im Nichts, stoppt mich und will meinen Pass und das Zolldokument vom Motorrad. Das war das zweite Mal auf, jawohl, heute sind die zwanzigtausend Kilometer voll geworden.  Zwischendurch mal leichter Regen mal trocken, mal sogar trockene Fahrbahn, seitlich grün oben immer grau, wie so oft zu Hause bei uns.

Der zweite Teil wird dann heftiger. Der Wind bläst stürmisch von vorn und aus dem dunkelgrau fällt immer mehr lluvia. Zwischen den stulpenlosen, die  Nässe aufsaugenden Handschuhen und den Ärmeln der Regenkombi schauen meine, von den vielen seligen Sonnenkilometer braungebrannten Handgelenke, heraus. Jetzt kriecht die Kälte von hier in meinen Körper. Dann urplötzlich stehende Fahrzeuge vor mir mit Warnblinklicht. Frech fahre ich gesittet vielleicht zwei Kilometer an ihnen vorbei. Ein Bergungstrupp versucht einen verunglückten Lastwagen zu bergen. Meine Frechheit, an den stehenden Autos vorbeizufahren wird belohnt. Mein Motorrad passt an der beengten Unfallstelle vorbei und der Polizist gibt mir grünes Licht.

Noch einen zu schnell in die Kurve gegangenen Lastwagen, der mit einem mobilen Kran auf die Räder gestellt werden muss, sehe ich, bevor ich die Tankstelle in Jesus Maria, so heißt der Ort wirklich, zum Tanken aufsuche.

Und dann passiert mir der Knüller des Tages. Steif vor Kälte finde ich mein Wunschhotel nicht. Ich kehre um, gehe in das zuvor gesehene Hotel und werde mit „ Servus“  begrüßt. Luis, der Chef hatte mich bei der Suche nach meinem Favoriten schon vorbeifahren sehen. Er hatte 14 Jahre in München, Bozen und Mailand gearbeitet, führt jetzt sein eigenes Domizil. Meine Africa Twin darf in seine Garage, ich wärme mich unter seiner heißen Dusche, sein Mitarbeiter gibt mir Tipps für meine Weiterreisen nach Mendoza.

Herz, was willst du mehr.